Tierstudie zu Handystrahlung: Hinweise auf Krebs
Das Magazin «Scientific American» berichtete kürzlich über die neue Tierstudie zur Strahlung von Handys. Ebenso der britische «Guardian». Krebs und Mobiltelefone sind plötzlich wieder in den Schlagzeilen. Die erwähnte Studie ist die bisher grösste durchgeführte Untersuchung zur Frage, ob Mobilfunkstrahlung Krebs verursachen kann. Über 25 Millionen Dollar warf die US-Gesundheitsbehörde FDA für die Finanzierung auf.
So wurde die Studie durchgeführt
Und so wurde die Studie durchgeführt: Die Forscher setzten mehr als 2500 Versuchstiere einer unterschiedklich hohen Strahlung aus. Verwendet wurden die Mobilfunkstandards GSM und CDMA (2G und 3G). Dabei wurde die stärkste Strahlendosis so gewählt, dass sich Gewebe nicht mehr als ein Grad erwärmen kann. Die Wissenschaftler wollten damit untersuchen, ob ein anderer Effekt als die Erwärmung bei den Tieren Krebs auslösen kann. Aber die Dosis der Strahlung musste dennoch stark genug sein, um einen toxischen Effekt sichbar zu machen.
Schweiz hatte grossen Anteil an Untersuchung
Im Tierversuch über 5 Milliarden Handynutzer zu simulieren, ist nicht möglich. Die Dosis müsse deshalb entsprechend hoch sein, sagte ETH-Professor Niels Kuster gegenüber den Medien. Kuster uns sein Team haben für die Studie die zentrale Funktion entworfen: 21 strahlendichte Echokammern. In diesen wurden die Versuchstiere der Strahlung ausgesetzt. In der Kammer erzeugten die Wissenschaftler ein Feld mit elektromagnetischer Strahlung, das aus allen Richtungen gleich starkt ist. Dies garantierte, dass sich die Tiere frei bewegen konnten.
Das Handy am Kopf: Ein grosse Studie gibt Aufschluss über die möglichen Folgen.
SAR-Werte von 2,5 bis 10 Watt pro Kilogramm
Die Mäuse wurden Ganzkörper SAR-Werten von 2,5, exakt 5 und 10 Watt pro Kilogramm ausgesetzt. Die Angabe SAR steht für spezifische Absorptionsrate. Sie zeigt, wie viel Strahlungsleistung ein Körper aufnimmt. Die Internationale Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) gibt folgendes vor:
- Mobiltelefone sollten zwei Watt pro Kilogramm lokal nicht überschrieten.
- Ein Nutzer am Handy ist dieser Emission nur dann ausgesetzt, wenn er ganz schlechte Verbindung und das Gerät am Ohr hat.
- Die ICNIRP empfiehlt für die Bestrahlung des ganzen Körpers einen Grenzwert von 0,08 Watt pro Kilogramm.
Erhöhte Tumorraten bei Ratten
Doch wie lange wurden die Tiere der Strahlung ausgesetzt? Zwei Jahre lang, sieben Tage die Woche, bereits im Mutterleib. 2018 begutachteten Experten die Zwischenresultate, die wie folgt aussehen:
- Bei den ebenfalls untersuchten Ratten ergaben sich teilweise erhöhten Tumorraten in Gehirn, Prostata, Hirnanhangdrüse.
- Zudem wurden ein gesteigertes Vorkommen bei Nebenniere, Leber und Bauchspeicheldrüse festgestellt.
- Männliche Ratten hatten zudem ein leicht erhöhtes Auftreten von Schwannomen am Herz. Es handelt sich dabei um Tumore der Schwann-Zellen, die der Isolation von Nervenzellen dienen.
Die renommierte Expertengruppe kam zum Schluss, dass dies eine direkte Folge der elektromagnetischen Strahlung ist.
2018: Klare Hinweise in Tierstudie zu Krebs
Eine bekannte Tierstudie zu Handystrahlung und Krebs des amerikanischen National Toxicology Program (NTP) zeigte 2018 bei männlichen Ratten “klare Hinweise” auf karzinogene Effekte im Herzen (Schwannome) und “einige Hinweise” auf Gehirntumoren. Eine italienische Studie (Ramazzini-Institut) kam später zu ähnlichen Ergebnissen, allerdings wurden methodische Schwächen bemängelt.
Zwei Wissenschaftler erörtern die Studienresultate.
Der Mensch als Teil der Strahlung, die ihn umgibt.
2025: WHO-finanzierte Systematische Übersichtsarbeit
Aktualisierung: Eine systematische Übersichtsstudie von Mevissen et al. (2025), teilweise durch die WHO gefördert und im Fachjournal Environment International veröffentlicht, analysierte 52 Tierstudien zu Radiofrequenzstrahlung (z. B. durch Mobiltelefone). Dabei wurde folgendes festgestellt:
- Hohe Evidenz für Gliome im Gehirn und maligne Schwannome im Herzen bei Nagetieren.
- Moderate Evidenz für seltenere Tumorarten wie Nebenieren-Pheochromozytome und Leber-Hepatoblastome
5G jedoch wurde nicht mit untersucht: Die neue Meta-Studie ist im Fachblatt „Environment International“ erschienen. Sie schliesst Studien bis Ende 2022 ein, deswegen fehlen Studien etwa zum neuen Mobilfunkstandard 5G. Weltweit fordern Fachleute aufgrund dieser Ergebnisse strengere Sicherheitsrichtlinien für Mobilfunkstrahlung.
Kontext & Einordnung
Diese Tierbefunde bedeuten nicht automatisch, dass Mobiltelefonnutzung beim Menschen Krebs auslöst – sie sind jedoch ein signalgebender Hinweis (Warnsignal). Aktuelle Meta‑Analysen am Menschen (Beobachtungsstudien) zeigen keine konsistenten Zusammenhänge zwischen mobiler Strahlung und Krebs – insbesondere keine Zunahme von Hirntumoren trotz steigender Nutzung.
Der WHO‑Review argumentiert allerdings, dass Tiermodelle entscheidende Hinweise liefern, da dort eine streng kontrollierte Exposition über das ganze Leben der Tiere hinweg nachgewiesen wurde. Humanstudien nach aktuellem Stand zeigen jedoch kein eindeutiges Krebsrisiko – es gibt stabile Hirntumorraten trotz stark steigender Handynutzung. Das heisst: Die Diskrepanz zwischen Tier- und Humanbefunden bleibt bestehen. Die Tierdaten können jedoch wichtige Impulse für zukünftige Sicherheitsrichtlinien und weiterführende Forschung liefern.